Wie gestern im (italienischsprachigen) Beitrag zur Expo Comm Italia 2009 geschrieben, war diese Messe nicht unbedingt eine Messe der großen Neuheiten. Sie zeigte aber, dass VoIP mittlerweile erwachsen geworden ist. Ich möchte nachfolgend lediglich auf die vorgestellte VoIP-Hardware eingehen und erzählen, was ich diesbezüglich so alles angetroffen habe. Vertreten waren zudem auch Carrier, der Staat (ohne den die Messe recht leer ausgesehen hätte), Breitband-Technologien jeglicher Art sowie Aussteller, bei denen man nicht so recht verstand, wie die denn da gelandet sein mögen.
Die einzelnen Unternehmen stellten die jeweils nächste Generation ihrer Geräte vor, zeigten dass sie enorm dazugelernt haben und präsentieren sich selbstbewusst und professionell. Ich habe in jeder Ecke der (sehr überschaubaren) Messe herumgestöbert, sehr interessante Gespräche geführt und konnte immer wieder etwas Neues entdecken. Wen interessiert, was ich im "Hardware"-Bereich des VoIP so alles gefunden habe, here you go:
AVM
Unser Haus- und Hoflieferant für DSL-Router war natürlich wieder vor Ort. Ich bitte um Verzeihung für meine Wortwahl, wir sprechen hier selbstverständlich nicht von einem normalsterblichen DSL-Router - die FRITZ!Box ist schlicht und einfach die Inkarnation der berühmten eierlegenden Wollmilchsau!
Ich durfte endlich die hart erwartete nächste Evolutionsstufe der FRITZ!Box, das Modell 7390, in die Hand nehmen. Am liebsten hätte ich sie natürlich gleich mitgenommen - wie auch das MT-F, den Nachfolger des MT-D. Beide kommen in Italien erst 2010 auf den Markt - ein konkretes Datum konnte ich leider niemandem entlocken. Für die 7390 sollte das aber vermutlich recht bald sein, in Deutschland startet 1&1 damit bereits im Dezember.
Während die 7390 einfach alles noch größer, noch mehr und noch besser macht, kann ich bis zu deren Markteinführung gut mit der 7270 leben. Absolut begeistert war ich aber vom MT-F: wenn es hält, was es verspricht (und davon gehe ich aus), dann erwartet uns ein absolut erstklassiges DECT-Telefon, welches mit den Kinderkrankheiten des MT-D aufräumt. Ich nutze das MT-D ja bereits bei mir zu Hause, aber was jetzt kommt, habe ich sehnlichst erwartet: Hintergrundbeleuchtung, Headset-Anschluss und im Dunkeln leuchtende Tasten!
snom
snom präsentierte in erster Linie die neue 800er-Serie, welche bereits auf dem Markt erhältlich ist. Diese Telefone sind definitiv für den Business-Einsatz gedacht, was sich am Preis auch unschwer erkennen lässt . Dort aber sind sie meiner Meinung nach aber definitiv unter den Besten, je nach Kriterien wohl auch DIE Besten. Im ROL Shop bieten wir seit langem von snom die Modelle 300 und 370er an, weshalb ich diese beiden bereits sehr gut kenne. Wer ein 370 sein eigen nennt, hat ein absolut robustes und zuverlässiges Telefon - das er ungern wieder hergibt. Wenn ich mit einem der vielen Telefone auf meinem überfüllten Schreibtisch ein Test-Telefonat durchführen muss, greife ich automatisch immer erst zum 370er.
Auch wenn ich noch keines davon selbst getestet habe, so hege ich keinen Zweifel daran, dass snom in der 800er Serie noch eins drauf legt und mit dem fortfährt, wofür snom steht: Stabilität, Raffinesse, konsequente Weiterentwicklung und Zuverlässigkeit. Ich hatte die Telefone bereits in der Hand und habe ein wenig damit herumgespielt: sie machen einen sehr guten und robusten Eindruck.
Was die Kompatibilität mit anderen Geräten angeht ist snom (das M3 mal kurz ausgeschlossen) ohnehin Spitze: ob OCS, Avaya, ESTOS oder andere: snom ist nicht nur bemüht, deren Geräte zertifizieren zu lassen - sie beweisen auch Flexibilität und Kreativität wenn es darum geht, Schnittstellen zu neuen Realitäten zu schaffen.
Nicht ganz so glücklich war ich bisher mit dem eben erwähnten M3, auch wenn es verglichen mit dem Mitbewerb dann doch nicht gaaanz so übel war. snom selbst hatte sich das wohl auch ein wenig anders vorgestellt. Auch wenn der Support (jedenfalls was meine persönlichen Erfahrungen anbelangt) auch für's M3 erstklassig und sehr professionell arbeitet, so erwies sich die fremde Firmware doch als Klotz am Bein.
Mit dem M9 soll jetzt alles anders werden: die Firmware stammt komplett aus dem Hause snom! In SOHOs und beim Privatkunden dürfte AVM hier zwar mit dem FRITZ!Fon MT-F auf den ersten Blick wohl eindeutig überlegen sein, wer auch sonst auf snom-Telefone setzt findet für sein Unternehmen im M9 jetzt aber ein zuverlässiges DECT-Telefon für "mobile" Mitarbeiter im Haus.
Noch eine letzte Neuheit von snom: mit dem snom MeetingPoint wird nunmehr auch ein Konferenzsystem angeboten. Damit dürfte in den Markt für VoIP-Konferenzsysteme ein neuer frischer Wind kommen. Ich bin auf diesem Gebiet kein Experte, aber meines Wissens drehte in genannter Sparte bisher Polycom ohne nennenswerte Konkurrenz fast ungestört seine Runden. Das Gerät von snom soll jedenfalls laut Messegeflüster auch im Alltagsbetrieb erstklassig arbeiten.
ATAs
AVM hat neue kompakte ADSL-Router mit integriertem ATA im Angebot, welche vor allem für Privatkunden interessant sein dürften: sie liegen preislich deutlich unter der doch nicht ganz so billigen FRITZ!Box. Von den klassischen ATA-Anbietern habe ich keinen angetroffen, ein Hersteller hat aber meine Aufmerksamkeit erweckt: TELES.
Deren Softswitches waren mir ein Begriff, dass die aber auch Access Gateways, also "große ATAs" im Angebot haben, war mir neu. Sie wildern damit im Markt von Patton-Inalp und innovaphone, bieten aber ein für Beherbergungsbetriebe in Italien recht interessantes Merkmal: sie können das Abrechnungs-Signal der Telecom Italia (mir fällt gerade die korrekte Bezeichnung nicht ein) simulieren! Habe vereinbart, mir Anfang des nächsten Jahres ein Testgerät senden zu lassen, wenn ich Zeit finde - denn dieses Feature interessiert mich!
Telefonzentralen
Auch wenn wir solche bei Raiffeisen OnLine nicht selbst vertreiben, so interessiert mich doch immer, was auf diesem Markt los ist. Ich betreue häufig klassische Telekommunikationsunternehmen in VoIP-Fragen, und da schadet es nie, die Geräte mit denen sie ankommen, bereits in groben Zügen zu kennen. Der einzige "PBX-Hersteller" (wenn ich nichts übersehen habe), welcher mit einem eigenen kleinen Stand präsent war, ist Aastra. Ich kenne deren Telefone bereits und halte sie für ziemlich gut - auch wenn ich sie noch nie selbst getestet habe. Leider habe ich mit niemandem von Aastra gesprochen, ich hätte mir jetzt doch sehr gerne die neuen Telefonzentralen angesehen. Was man auf ihrer Website darüber lesen kann, klingt vielversprechend.
Panasonic war durch mindestens einen Händler indirekt vertreten. Deren KX-NCP Serie sticht zwar nicht durch einen sonderlich kreativen Produktnamen hervor - ist aber bereits mit ROL Voice im Einsatz und arbeitet zuverlässig. Unsere Plattform hatte ich vor einiger Zeit auch eigens angepasst, so dass diese Zentralen mit nur einem Account beliebig viele Festnetznummern ein- und ausgehend verwalten können.
Wer sonst noch so fehlt
Nicht wenige der bekannten Größen waren nicht präsent, Avaya, Siemens Enterprise Communications, Cisco/Linksys, Panasonic oder Grandstream sowie viele andere suchte man vergebens - wenn auch einiges dann wieder durch Messe-Stände von Händlern indirekt präsent war. Ich persönlich bin neugierig, wie es mit dieser Messe weitergeht - zwar ist mein persönliches Resümee ein gutes, doch dürfte nicht jeder der Aussteller sonderlich zufrieden gewesen sein. Und vergleicht man die heurige Expo Comm mit ihren Vorgänger, der VON Italy im Jahre 2006 - dann wirkt sie ziemlich traurig. Für nächstes Jahr sollten sich die Veranstalter wirklich etwas einfallen lassen, andernfalls sehe ich die Zukunft der Expo Comm Italia nicht besonders rosig.